Nachdem bereits das MDK Reformgesetzt zu einem notwendigen Personalaufbau bei Krankenhäusern führt und gleichzeitig zu erheblichen Erlösreduzierungen führen wird, ist auch die PrüfVV, die ab dem 1.1.2022 gelten wird, ein Kostentreiber des Gesundheitswesens.

Nach einem negativen Gutachten bedarf es zukünftig einem strukturierten Dialog in Form eines Erörterungsverfahrens. Dabei wird nun auch erstmals die Krankenkasse die Patientenakte erhalten dürfen. Bisher erhielt diese ausschließlich der Medizinische Dienst. Dieser war extra als Körperschaft gegründet wurden. Gleichzeitig ist aber nicht vorgesehen, dass der Medizinische Dienst im Rahmen der Prüfung außen vor gelassen wird, obwohl nun auch mit der Krankenkasse über den Behandlungsfall gesprochen wird und in Folge dessen auch entsprechende Fachkräfte anstellen muss.

Stellt die Krankenkasse keine entsprechenden Fachkräfte an, so ist es fraglich was im Rahmen des Erörterungsverfahrens besprochen werden soll. In vielen Fällen könnte dies damit im Sande verlaufen. Dennoch wird es enorme Auswirkungen auf die Finanzierung im Gesundheitswesen haben.

  1. Unterlagenversand

Es stellt sich die Frage, wieso die Patientenakte durch dieses neue Vorgehen zwei mal versendet werden muss (an den MD und an die Krankenkasse) und jedes Mal eine kurze Versandzeit zu Lasten der Krankenhäuser besteht. Währenddessen eine nicht fristgerechte Zusendung der Unterlage zu Gunsten der Krankenkasse endet.

2. Durchführung Erörterungsverfahren

Die Durchführung des Erörterungsverfahrens sowie die inhaltliche Vorbereitung kann nur durch einen erfahrenen Medizincontroller erfolgen. Für einen Erörterungsfall gehen Experten (u.a Vortrag Rechtsanwälte Bregenhorn-Wendland, Vortrag 30.09.2021, Leipzig) derzeit von ca. 45 Minuten aus. Geht man davon aus, dass ein Krankenhaus 50.000 Behandlungsfälle hat und davon 15% geprüft werden, so sind potentiell 7.500 Fälle in der Prüfung. Wenn von diesen 50% nicht bestanden werden (derzeit liegt nach den Quartalsstatistiken des GKV Spitzenverband der Durchschnitt bei über 50%) sind dies 3.750 negative Gutachten. In der Regel werden davon sicherlich mindestens 30% in Erörterungsverfahren gelangen müssen, denn das Erörtertungsverfahren ist Voraussetzung für eine spätere Klage des Falls vor dem Sozialgericht. Rechnerisch ergeben sich dann 1.175 Arbeitsstunden für diese Fälle im Erörterungsverfahren, bzw. 0,7 VK. Gehen wir von einem Arbeitgeberbrutto eines Medizincontrollers von ca. 90.000 EUR aus, kostet das Erörterungsverfahren 63.000 EUR pro 50.000 Behandlungsfälle bzw. 1,26 EUR pro Behandlungsfall bzw. 42 EUR pro Erörterungsverfahren.

Dies klingt einzeln betrachtet gering, bedenkt man aber das Maximalversorger und Universitätskliniken in der Regel zwischen 80.000 und 160.000 stationäre Fälle pro Jahr haben, dann ergibt sich schnell ein finanzieller Mehraufwand allein im personellen Bereich pro Krankenhaus von 100.000 EUR bis 250.000 EUR. Allein bei einer Annahme von 126.000 EUR pro Universitätsklinikum und 38 deutschen Universitätskliniken, sind dies im Bereich der Universitätskliniken 4,8 Mio. EUR. Mehr als 1.200 weitere Krankenhäuser in Deutschland sind dabei noch nicht eingerechnet.

Dem finanziellen Ausmaß kann man sich auf Basis der Statistikdaten des GKV Spitzenverbandes weiterhin annähern. Im Q2/2021 wurden 3.456.134 Ausgangsrechnungen für stationäre Leistungen versendet. Bei vier Quartalen wären dies 13.824.536 Schlussrechnungen für vollstationäre Krankenhausbehandlungen, bzw. 193,4 VK (17,5 Mio. EUR).

3. Personalmangel

Anzumerken ist dabei, dass am Markt keine 193,4 Medizincontroller personell verfügbar sind und eine entsprechende Umsetzung damit nicht möglich ist. Im Endeffekt werden Krankenhäuser Erörterungsverfahren nicht durchführen können und entsprechende Erlöse aus fehlerhaften Gutachten nicht durchsetzen können. Entsprechend der oben genannten Annahmen sind von den 13.824.536 Behandlungsfällen etwa 311.053 Fälle in Erörterungsverfahren. Wenn allein hiervon 25% nicht wegen Personalmangel verhandelt werden können, dann gehen schätzungsweise weitere 77 Mio. EUR den Krankenhäusern verloren (durchschnittlicher Verlust pro Gutachten von EUR 1.000 bei 77.763 Fällen).

Ohne weitere Themen darzustellen, führt allein das Erörterungsverfahren zu einer Belastung im Gesundheitswesen von ca. 94 Mio. EUR pro Jahr (17,5 Mio. + 77 Mio.).

In Folge der Kosten für die Erörterungsverfahren werden Krankenhäuser dazu gezwungen Wirtschaftlichkeitsabwägungen im Prozess durchzuführen. Die Kosten für die Bestreitung des Erörterungsverfahrens und einer Klage werden ins Verhältnis zum Streitwert gestellt. Das Verfahren könnte damit dazu führen, dass Krankenhäuser aus Kostengründen und Effizienzgründen ihre eigene Position aufgeben müssen und trotz einer rechtlich sicheren Stellung ein negatives Gutachten akzeptieren. Dies ist weder im Sinne der Gerechtigkeit sinnvoll, noch ist es für die Sicherstellung der Versorgung von Patienten der richtige Weg.

Dies ist zwingend auch im Zusammenhang zu sehen mit den bereits in anderen Artikeln dargestellten Belastungen aus – Prüfquotenregelungen

Summe: 205 Mio. EUR – weitere Darstellungen werden jedoch folgen.

Von RainerS

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