Im April diesen Jahres wurde die elektronische Vorgangs Übermittlungsvereinbarung abgeschlossen. Diese Vereinbarung wurde bereits im Juni 2021 erstmalig erstellt nun haben sich die Vereinbarungsparteien darüber geeinigt und einige Änderungen vorgenommen. Die DKG und der GKV Spitzenverband haben dabei insbesondere § 4 Absatz 5 und den Anhang 1 Anlage 1 angepasst.
Die Änderungen haben dramatische Auswirkungen auf das MDK Management. Dir elektronische Vorgangsübermittlungs-Vereinbarung, kurz eVV, er regelt die Übermittlung von Informationen und Daten zwischen dem medizinischen Dienst und den Krankenhäusern. Diese Vereinbarung war notwendig, da ab dem 1. Juli 2022 die Nutzung des LE-Portals (Leistungserbringer Portal) verpflichtend ist.
Dabei regelt § 4 Absatz 5 die Übertragung von Dokumenten in entsprechenden Dokumentenklassen durch das Krankenhaus. In der Regelung von Juni 2021 war dabei noch von „können“ die Rede. Nun zu Anfang Mai 2022 wurde dieser Absatz in der Vereinbarung angepasst, es besteht nun eine Verpflichtung („haben“).
Die alte Regelung sah vor, dass ab dem 1. Januar 2024 die KDL verpflichtend anzuwenden ist. Dies ist auch einer neuen Regelung gleich geblieben. Geändert hat sich jedoch die Regelung ab dem 1. Juli 2022. Ab diesem Zeitpunkt haben die Krankenhäuser die Anlage 1 Anhang 1 mit der umfangreichen KDL Klassifizierung anzuwenden. Der zweite Satz im Paragraph sieht jedoch vor, dass wenn keiner dieser Einträge als passend empfunden wird eine Mindestklassifizierung nach 4 groben Kategorien notwendig ist. Die alte Regelung hatte diese 4 Klassen ebenfalls bereits beinhaltet. Sie sah jedoch vor, dass diese Klassifizierung an für alle Fälle angewendet werden darf. Es bestand also keine Verpflichtung.
In dem Anhang 1 der Anlage 1 befindet sich nun eine Fußnote. Dieser besagt, dass wenn eine technische Schnittstelle beziehungsweise eine Umsetzung der KDL in dem technischen IT-System des Krankenhauses noch nicht besteht, auch die Kategorie „Sonstiges“ zu verwenden sein kann. Je nach Interpretation des Satzes, kann nun eine unterschiedliche Lesart entstehen. Versteht man den Satz rein nach dem Thema der technischen Schnittstelle, dann darf auch nur in diesem Fall „Sonstiges“ verwendet werden. Nicht davon abgedeckt ist, wenn aufgrund des hohen manuellen Aufwands der Patientenakte eine Zuordnung nicht umsetzbar ist.
In diesem Falle befindet man sich direkt wieder im § 4 Absatz 5 der Vereinbarung. Das heißt diese Dokumente die manuell nicht zuzuordnen sind, da der Aufwand nicht umsetzbar ist, müssen direkt nach Anhang 1 Anlage 1 der KDL einsortiert werden. Eine Vereinfachung ist nicht korrekt in der Fußnote für diesen Fall formuliert. Dass dies manuell nicht machbar ist, beispielsweise da die Patientenakte zu umfangreich ist oder die angestrebte Digitalisierung im Krankenhaus noch nicht erreicht ist, wird in der Vereinbarung nicht berücksichtigt. § 4 Abs. 5 eVV sieht nur vor, dass wenn eine der Dokumentenklassen im Anhang 1 Anlage 1 nicht passend ist, dass dann eine der vier genannten Dokumententypen (bspw. KHB) zu verwenden ist.
Nicht berücksichtigt ist damit, dass das Krankenhaus-Zukunftsgesetz (KHZG) eine Digitalisierung bestimmter Prozesse und der elektronischen Patientenakte erst zu 2025 fordert. Und selbst diese angestrebte Digitalisierung wird derzeit als sehr sportlich eingeschätzt (keine verfügbaren Ressourcen der IT-Hersteller, keine verfügbare Hardware, Probleme im Change-Management, etc.). Das Risiko was dadurch entsteht ist jedoch sehr groß. Nicht korrekt zugeordnete Dokumente könnten den medizinischen Dienst dazu verleiten, die Einhaltung bestimmter Fristen für die Übermittlung von Dokumenten, als nicht eingehalten anzusehen. Diese entsprechenden Prüffälle sind damit so gut wie verloren. Die entsprechenden Auswirkungen sind enorm. Die Auswirkungen entstehen sowohl direkt für den einzelnen Behandlungsfall als auch für die gesamt Prüfquote des Krankenhauses. Die Anzahl so verlorener Fälle wird stark ansteigen. Die damit mögliche Positivquote, dass heißt der Anteil positiver Gutachten an den Gesamtgutachten, wird deutlich sinken. Die Prüfquote sich damit öffnen und die Maluszahlung auf 50% des Rechnungs-Differenzbetrages erhöhen.
2022_03_09_1_AEnderungsvereinbarung_eVV_Lesefassung_final.pdf (dkgev.de)
2022_04_29_DTA_MD-KH_eVV_Anlage_1_Anhang_V.1.2_final.pdf (dkgev.de)
Für die Folgen im Gesundheitssystem ist zu berücksichtigen, dass der Verlust eines solchen MD Prüffalls deutlich höher als übliche durchschnittliche 1.100€ sein wird, da nicht nur ein gegebenenfalls sowieso falscher Fall verloren wird, sondern auch Fälle die eigentlich komplett richtig abgerechnet sind und auch entsprechende richtige Kodierungen werden dadurch durch den MD angezweifelt und korrigiert. Geht man nun von zirka 3.000€ pro Fall aus, dann verdreifacht sich allein bereits dadurch die Höhe des Schadens. Nun ist aber auch zu berücksichtigen, dass eben nicht mehr im Durchschnitt 50% der Fälle verloren werden, sondern deutlich mehr Fälle korrigiert werden müssen. Die Krankenkassen haben damit das MDK Reformgesetz ausgehebelt indem sie zu der alten Gesetzgebung einer offenen Prüfquote zurückkehren können bei gleichzeitig höherem Anteil der für sie durch diese Vereinbarung als falsch abgerechneter zählender Fälle (obwohl nur technisch falsch übermittelte Nachweise) und einer zusätzlichen Maluszahlung.